MCM SQL Server 2008 - Teil 2

Praxis vs. Schulung – Zertifizierungen und ihre Tücken

Immer wieder habe ich im Internet gelesen, daß verzweifelte Teilnehmer nach Testfragen gesucht haben, um sich auf die Zertifizierungen (in allen Themengebieten) vorzubereiten. Anfangs bin ich natürlich auch dieser „Spur“ gefolgt; man wollte ja schließlich vorbereitet sein.

Prüfungsaufgaben

Die Art der Aufgaben, die während eines Tests gestellt warden, reichen von einfachen Fragen, die nur eine Antwort zulassen bis zu komplexen Aufgabenstellungen, bei denen mehrere Antworten möglich sind.

Handelt es sich um komplexe Aufgaben, sind bei einigen Fragen auch Szenarien in Form von Piktogrammen oder Codeausschnitten abrufbar.

Alle Zertifizierungstests, die VOR den MCM-Prüfungen absolviert werden müssen, liefern das Ergebnis – Bestanden oder Durchgefallen – unmittelbar nach dem Abschluß. Man erhält sofort die Punktezahl und kann das Dokument über Bestehen oder Nichtbestehen gleich in Empfang nehmen.

Dieses Dokument schlüsselt die einzelnen Themenbereiche dediziert auf und gibt Aufschluß darüber, ob man das Thema eher schwach oder stark beherrscht.

70-431: TS: Microsoft® SQL Server ™ 2005 - Implementation and Maintenance.

Für den September 2009 habe ich mich für den Test 70-431 angemeldet und wollte natürlich auch schon im Vorfeld wissen, welche Art von Fragen da auf mich zukommt. Während des Tests mußte ich aber ganz schnell feststellen, daß alles, was im Internet an Fragen kursiert und von Unternehmen im Überfluß angeboten wird, schlicht und einfach nicht mit der Realität übereinstimmt.

Diverse Tests mögen dem Kandidaten das Gefühl geben, vorbereitet zu sein; doch von dieser Sicherheit sollte man sich nicht verleiten lassen, Erfahrungen hintenan zu stellen.

Als ich den Test absolvierte, haben sich etwa 15% der Fragen mit dem Fragenkatalog der Anbieter gedeckt – alle anderen Fragen unterschieden sich vollkommen. Außerdem wird neben einem reinen Fragenkatalog auch ein „Mini-Labtest“ in 70-431 gefordert. Hierbei handelte es sich um ein paar Aufgabenstellungen, die interaktive Maßnahmen erforderten.

Wieviel Anteil am Bestehen der Prüfung diesem Teil zugeordnet wurde, kann ich nicht beurteilen. Ich habe den Test mit über 900 Punkten abgeschlossen und war natürlich sehr euphorisch.

Praxis vs. Schulung

Die erste absolvierte Prüfung hat mir sehr deutlich vor Augen geführt, daß ein stures „Auswendiglernen“ eines Fragenkatalogs nicht zum Ziel führt. Ich persönlich denke, daß man vor allen Dingen sich selbst dabei betrügt – nämlich um die eigene Anerkennung von Geleistetem.

Eine Schulung kann in fünf Tagen zwar das Wissen vermitteln, das für das Bestehen des Tests erforderlich ist – ist aber meiner Meinung nach nichts anderes als stures Auswendiglernen von Fragen.

Für mich zählt ausschließlich die Praxis als Erfolgsgarant für diese Tests. Nur durch viel Erfahrung lassen sich die Problemstellungen, die in den Tests simuliert werden, schnell erfassen. Als ich den ersten Test gemacht habe, habe ich bereits 11 Jahre im Bereich SQL Server gearbeitet. Ich bin mir sehr sicher, daß der Test fehlgeschlagen hätte, wäre die Erfahrung mit den Systemen nicht vorhanden. Schulungen halte ich für sinnvoll, wenn man zum eigenen Wissen noch Detailinformationen hinzufügen möchte. Vielmals werden in Schulungen einzelne Themen, die man im täglichen Business „am Rande“ mit erledigt, in den Schulungen vertieft vermittelt. Verstehen kann man viele Punkte aber nur, wenn bereits etwas Praxiswissen vorhanden ist.

Wie erlange ich Praxis

Als ich mit SQL Server begonnen habe, lag mein Fokus für sehr viele Jahre fast ausschließlich im Bereich „Development“. Durch diese monogame Vorgehensweise habe ich mich aber auch gegenüber anderen Bereichen des SQL Server verschlossen, die – im Nachhinein – auch für die Programmierung ein ganz wichtiger Punkt gewesen wäre. Zum Beispiel habe ich mich viel zu spät mit dem Thema „Schemata“ auseinandergesetzt, die mit SQL Server 2005 vollständig implementiert wurden. Ich habe Objekte immer im dbo-Schema erstellt – und zwar, weil ich das schon immer so gemacht habe; warum sollte ich also meine Vorgehensweise überdenken?. Schemata sind eindeutig administrativer Natur, da sie von ihrer Natur her für Berechtigungsmöglichkeiten innerhalb einer Datenbank verantwortlich sind. Das sie natürlich auch die Objekte selbst wunderbar in Applikationsbereiche unterteilen können, war ein herrlicher Nebeneffekt, den ich heute nicht mehr missen möchte.

Durch meine Arbeit in der Bank mußte ich mich einfach mit diesem Thema intensiver auseinandersetzen und anschließend habe ich das Gelernte auch gleich in einem hochinteressanten Projekt in Köln mit einsetzen können. Zum einen habe ich also den Praxisbezug durch meine tägliche Arbeit. Die Arbeit allein kann aber nicht immer so viel Praxis bereitstellen, daß es für die Prüfungen ausreichend ist. Alle administrativen Tests (z. B 70-443 und 70-432) behandeln Themen, die im täglichen Arbeitsablauf eines dba in einem mittelgroßen / großen Unternehmen anfallen. Ein kleines Unternehmen mit vielleicht 1 – 5 SQL Servern wird dieses Praxis Know How nicht bereitstellen können. Das hängt meines Erachtens auch damit zusammen, daß in kleinen bis mittelständischen Unternehmen meistens die „eierlegende Wollmilchsau“ die IT-Arbeit für alle Bereiche durchführt. Der Begriff „Segregation of Duty“ ist dort sicherlich ein Fremdwort.

Praxisbezug durch die Foren von Microsoft

Ein ganz wichtiger Praxisbezug – und damit purer Lernstoff – ergab sich für mich durch meine Aktivitäten als Beantworter von Fragen in den Microsoftforen. Dafür wurde ich 2011 mit dem MCC-Award von Microsoft ausgezeichnet. Die Foren bieten jedem dba und Entwickler die Möglichkeit, über den Tellerrand hinwegzuschauen. Ich kann wirklich nur jedem interessierten Leser anraten, sich mal in den Foren umzuschauen und auch mal den Mut aufbringen, zu antworten. Durch die vielseiteigen Aufgabenstellungen, die sich durch die Fragen ergeben, beschäftigt man sich sehr intensiv mit Neuland. Im Bereich SQL Server gibt es im deutschsprachigen Raum leider nur zwei interessante Foren – die US-Foren sind da wesentlich interessanter gestaffelt.

In Deutschland gibt es folgende Foren:

Für Entwickler: SQL Server

Für IT-Professionals: SQL Server

In den US-Foren schreibe ich z. B. in den folgenden Foren:

SQL Server Integration Services

SQL Server Replication

SQL Server Reporting Services

SQL Server Security

Transact-SQL

Alle oben genannten Foren kann ich wirklich empfehlen –das Spektrum geht von reiner Administration (Security) über Programmierung (Transact-SQL / SSIS) zu BI (SSIS / RS).

Fazit

Sollte man sich für die Zertifizierungen interessieren, kann ich wirklich von den im Internet zu erwerbenden Testfragen abraten – sie kosten nur unnötig Geld und sind kein Garant für das Bestehen der Tests. Sie mögen ein Gefühl der Sicherheit geben – aber dieses Gefühl ist trügerisch.

Man sollte sich auf seine eigenen Stärken und Kenntnisse verlassen; da liegt man immer richtig. Und selbst, wenn mal ein Test daneben geht, ist das nicht weiter tragisch (ich habe übrigens den 88-970 auch beim ersten Mal nicht bestanden).

Das Scheitern habe ich persönlich als Chance gesehen, um für mich selbst festzustellen, wo ich meine Defizite habe – ich war über das Ergebnis des ersten Versuchs nur bei einem Punkt wirklich enttäuscht – den Bereich „Development“ habe ich mit unter 50% abgeschlossen. Mach‘ mal einem Entwickler klar, daß er noch nicht mal die Hälfte der gestellten Entwicklungsaufgaben richtig gelöst hat. ;-)

Im nächsten Teil werde ich etwas zu den erforderlichen Tests schreiben, die zum Ziel MCM oder MCA führen.

Herzlichen Dank für’s Lesen…